Mittwoch, 31. Jänner 2007

Wanda Landowska und das zweite Leben des Domenico Scarlatti

30 01 2007

K 58 (L 158) in c-moll. Eine 4 teilige Fuge, die dritte von fünf Fugen, die Scarlatti schrieb (K30, 41, 58, 93, 417). Ein sehr schönes, für Ohren und Herz erholsames Stück, curarum levamen.

Gestern war der Postkasten voll Scarlattiana. Darunter zwei historische Aufnahmen: Wanda Landowskas Einspielungen aus den Jahren 1934, 1939 und 1940 sowie eine Sammlung von 36 Sonaten, die Fernando Valenti ab 1951 einspielte.

Wanda Landowskas Aufnahmen der Scarlatti Society erschienen ursprünglich auf HMV in einer geringen Auflage von 500 Alben und waren die ersten Tonaufnahmen von Scarlattis Sonaten überhaupt.

Nicht nur ihr Spiel auf dem Cembalo, das sie sich 1912 nach ihren Vorstellungen bauen ließ, ist außergewöhnlich, auch die Kommentare zu den ausgewählten Sonaten sind es.

Zur Sonate K 380 in E-Dur schreibt sie: "This is, without doubt, one of the most beautiful and significant sonatas. At first it appears to lack balance because Scarlatti introduces a love theme and then interrupts it suddenly with a theme of energetic decision. But these mystifying interruptions and the opposition of the two themes are explained by their arrangement and alternation. They emphasis the accents of the drama which is about to unfold.

In fact, it is a little opera that we are witnessing. The first bars create the dry heavily-scented atmosphere of the piece. In the silence a woman's voice is raised, sustained by arpeggios on a guitar. We have scarcely heard this tender entreaty than it fades away. A decided theme springs up: it is a man's footstep resounding on the pavement. This theme is in its turn interrupted. A silence...then once more the woman's voice is raised, entreating and voluptuous. The theme of decision mingles with the more and more passionate accents of the worman. Their dialogue becomes a struggle in which the theme of decision triumphs: Fate ordains that the man shall depart. Again the footsteps are heard, near at first then fading away - an effect of perpective of which Scarlatti was particularly fond. The woman remains alone. The last bars, which are a pathetic summary of this tragedy, express the poignant farewells of the deserted woman.”
(http://www.pristineclassical.com/LargeWorks/Keyboard/PAKM004.php)

Fernando Valenti war Schüler Kirkpatricks. Tom Wendel schrieb in seinem Nachruf auf Valenti in der National Review: "Valenti was to Scarlatti as Artur Schnabel was to Beethoven. Just as Schnabel was this century's greatest interpreter of Beethoven, so Valenti was our time's definitive exponent of Scarlatti.” Und, "Valenti's personality mirrored Scarlatti's music: humorous, versatile, mercurial, jocular; and at base, profound.”

Zum Klang dieser historischen Aufnahmen von Landowska und Valenti ist zu bemerken, dass sie völlig anders als neue Einspielungen von Ross oder Hantaï klingen. Das mag an den Instrumenten, aber wohl auch an der Aunahmetechnik liegen. Landowskas Cembalo klingt manchmal wie eine Orgel, dann wieder wie ein Klavier oder ein Zupfinstrument, selten hört man den obertonreichen typischen Cembaloklang (von heute). Beim ersten Anhören dachte ich schon das sei eine neue Platte von Wendy Carlos auf ihrem wohltempered synthesizer...


29 01 2007

K 59 (L 71) in F-Dur, Allegro. Ein heiteres Stück mit fröhlichen Trillern.

Zwei empfehlenswerte literarische Bearbeitungen der Biografie Scarlattis habe ich gelesen:

Angela Kreuz: SCARLATTIS WINTERGARTEN. Erzählung
Tönning: edition das andere buch 2005
ISBN 3-89959-374-X

Irene Dische: DAS ZWEITE LEBEN DES DOMENICO SCARLATTI.Eine Nachstellung
Berlin: Rowohlt 1995
ISBN 978-3-87134-227-1

D.Scarlatti kommt auch in der im Rowohlt Verlag erschienen Erzählung "Das Memorial" (Memorial do Convento) von José Saramago (ISBN 3- 498-06180-1) vor, für die der portugiesische Autor 1998 den Literatur Nobelpreis erhielt.

"Scarlattis Wintergarten" gibt es auch sehr ansprechend aufbereitet als Hörbuch mit Musikbeiträgen. Gut erzählt, doch leider hat die Autorin den langjährigen Sommeraufenthalt Scarlattis in der Sommerresidenz Palacio Real La Granja de San Ildefonso (90 km nordwestlich von Madrid in der Region Segovia) mit dem ehemaligen Zisterzienser-Kloster La Granja in Esporles auf Mallorca verwechselt. Sie erweckt damit den Eindruck, Scarlatti wäre öfters auf Mallorca gewesen.

"Das zweite Leben des Domenico Scarlatti" ist zwar auch nicht ganz frei von biografischen Ungenauigkeiten, trotzdem aber ein sehr gutes, lesenswertes Buch. Aus dem Klappentext: Es "...ist ein sarkastischer Monolog über unseren Kulturbetrieb, über Ehrgeiz und Können, Protektion und Korrumpierbarkeit. Inspiriert von der fast paranoisch anmutenden Wiederholungsmanie der Scarlattischen Musik mit ihren unzähligen Regelverstößen, hat Irene Dische ihren avanciertesten Text geschrieben: ein intellektuelles wie musikalisches Vergnügen."

Montag, 29. Jänner 2007

K 56,57

28 01 2007

K 56 (L 356) in c-moll, Con spirito, nichts außergewöhnliches, einfach schöne Barockmusik


29 01 2007

K 57 (S.38) in B-Dur, Allegro. Wieder ein rhythmisch und melodisch interessantes Stück, bei dem es zeitweise in meinem Tanzbein juckt. "...a short sonata, yet it contains no fewer than ten themes. The fertility of Scarlatti´s imagination here is matched only by his idleness in exploiting his ideas.” (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.80).

Samstag, 27. Jänner 2007

Scarlatti Ensemble

26 01 2007

K 54 (L 24) in a-moll, Allegro. "The music is based on a succession of quavers and, like so many pieces in 3/8, 6/8 or 12/8, it is reminiscent of a jota or an Italian tarantella.” (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.80). Eine scheint´s beliebte Sonate, ich habe sie außer von Ross auch noch von Horowitz und Leach. Ist auch ein sehr schönes, interessantes Stück. Diesmal gefällt mir nicht Horowitz am besten – er spielt es "überirdisch" wie immer, ich ziehe Leach vor, die die Sonate sehr lebendig spielt.


27 01 2007

K 55 (L 335) in G-Dur, Allegro. "This is marked Allegro in the Venice manuscript and Presto in Parma. It is interesting to compare the closing bars of each of the two halves of this sonata with the corresponding passages on Kk 7 since here we have one of the rare occasions on which Scarlatti repeats himself. (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.80). Für mich paßt diese Sonate genau zu den tanzenden Schneeflocken, die heute den ganzen Tag vom Himmel herabschweben.

Ein bemerkenswertes Ensemble:

The Scarlatti Ensemble

Kim Myhr (acoustic guitar) / Eirik Hegdal (soprano- & barytone saxophones)
Marianne Baudouin Lie (cello) / Ola Kvernberg (violin)

...the Scarlatti Ensemble, a project initiated by the talented guitarplayer and composer
Kim Myhr, originally started as a strict Scarlatti-intepreter ensemble. During fall-2006
the Scarlatties will do a norwegian tour, followed up by a studio recording. By then, the
ensemble will represent more original material, written by Kim, Eirik and Ola.

Soundclips http://www.myspace.com/scarlattiensemble

Donnerstag, 25. Jänner 2007

Scarlattis spieltechnische Neuerungen

24 01 2007

K 52 (L 267) in d-moll, Andante moderato, höre ich zuerst von Ross, dann von Horowitz gespielt. Klar wer "gewinnt" – Horowitz, aber nur knapp. Es ist ein "sumptuous work written in several voices and the harmonic progressions it contains must certainly have interested Brahms when he owned the collection which is now housed in Vienna.” (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.80). Die 7 bändige Brahms-Sammlung von Scarlatti Sonaten ist nun in Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde und befindet sich in deren Bibliothek unter der Signatur VII 28011. Das Manuskript enthält 308 größtenteils von Santini kopierte Sonaten und ist eine der wichtigsten handschriftlichen Quellen.

Kirkpatrick bringt die Sonate mit Brahms in Verbindung, er findet "T.48-52 in Sonate 52 gemahnt fast an Brahms." (Kirkpatrick 1972, S.191) – für mich nicht ganz nachvollziehbar, sie ist im Codex Venedig 1742 enthalten, aber nicht in der Wiener (Brahms´schen) Sammlung.


25 01 2007

K 53 (L 261) in D-Dur, Presto. Beim Anhören kommt mir das Bild fließenden Wassers in den Sinn, wie es gluckst, gurgelt, dahin strömt, über den Rand schwappt. Diese Sonate wäre ideal eine derartige Filmszene damit zu unterlegen.
Zu Scarlattis Erneuerung der Spieltechnik

"Zeitgenossen haben sein eigenes Spiel beschrieben als ein Erlebnis einer bis dahin unbekannten Klangfülle. Zum Teil kann dies den technischen Erfindungen Scarlattis zugeschrieben werden. Immerhin wurde ein größerer Teil des Umfanges des Instrumentes gleichzeitig gebraucht als jemals zuvor. Das geschah durch ständiges Überkreuzen der Hände, durch Arpeggios, die manchmal den gesamten Umfang des Cembalos in rasantem Tempo durchlaufen haben und durch den Gebrauch der schon genannten dissonanten Vorhaltakkorde, die interessanterweise nicht aufgelöst wurden. Das Letztere deutet auch wieder auf ein mehr modal gerichtetes Harmonieverständnis hin. Daneben war seine Spielart sicher nicht staccato, weil so die Klangfülle doch wiederum verpufft wäre, sondern legato und sogar molto legato. Des Weiteren muss hier auf die Spielweise der Vorschläge hingewiesen werden, die so genannten "acciaturas". Diese wurden durch Scarlatti gleichzeitig mit dem Hauptton angeschlagen, also in jedem Falle als Dissonanz. Aus allen diesen Elementen und nur so ist die neue Klangfülle zu erklären, die seine Zeitgenossen, unter anderem seinen Freund fürs Leben, Händel, so fasziniert hat. Bedenkt man dabei, dass der größere Teil von Scarlattis Musik zweistimmig gehalten ist, so ist diese Folgerung ohne Zweifel berechtigt.

Schon in den frühen Sonaten sind diese neuen Spieltechniken ausgereift. Es steht außer Frage, dass Scarlatti auf diesem Gebiet geradezu Revolutionäres geleistet hat. ...
Zu nennen sind in diesem Zusammenhang:
- Die Tonwiederholungen in hohem Tempo, oft zwischen beiden Händen verteilt.
- Übergreifen der Hände, sowohl rechts wie links.
- Arpeggios über mehrere Oktaven hinweg.
- Blockartige Akkorde, die in den meisten Fällen sehr dissonant angelegt sind und interessanterweise oft nicht in einen konsonanten Klang aufgelöst werden.
- Blockartige Akkorde mit einem Umfang von mehr als einer Oktave.
- Passagen in Terzen und Sexten, die letzteren immer in einer Hand.
- Ineinander verzahnte Hände.
- Gebrochene Akkorde und Tonleitern, beide über mehrere Oktaven hinweg.
- Tonleitern in höchstem Tempo
- Chromatische Passagen.
- Oktavpassagen
- Grosse Sprünge
- Triller, zwischen den Händen abwechselnd.
- Doppeltriller.
- Glissandos
(Rövenstrunck 2004, S.10,22ff)

Dienstag, 23. Jänner 2007

Spiel Mimo

23 01 2007

K 51 (L 20) in E-Dur, Allegro. Auf alt.quotations fand ich folgendes Zitat der polnischen Cembalistin Wanda Landowska (1879-1959): "When we hear Scarlatti's music, we know that we are in the climate of sunlight and warmth. It is Italy, it is Spain - the spirit of the Latin countries and the god of the Mediterranean; we are in the presence of that deity who has been called 'the god who dances' " unter diesem Aspekt höre ich jetzt diese Sonate während draussen zum ersten Mal im heurigen Winter heftiges Schneetreiben herrscht. Ob einiger "schräger" Passagen gelingt´s mir aber nicht ganz mich in diese mediterrane Stimmung zu versetzen

Gestern konnte ich am Rande eines Empfangs für (oö.)Kunst- und Kulturschaffende im Linzer O.K.(Offenes Kulturhaus), zu dem der oö.Landeshauptmannstellvertreter Erich Haider eingeladen hatte, der Intendantin der Festwochen Gmunden mein Domenico Scarlatti Projekt "Spiel Mimo" vorstellen und bin auf großes Interesse gestoßen. Vielleicht kann ich´s ja tatsächlich verwirklichen.

Bezugnehmend auf Scarlattis (Glücks)Spielleidenschaft und seine 555 Sonaten wird auf dem Fußboden einer Säulenhalle mit Kreide ein spielbrettartiges Spielfeld (Tabelle mit 15 Zeilen und 37 Reihen = 555 Felder) gezeichnet. Die Felder sind, dem Werkverzeichnis Kirkpatricks entsprechend, von 1-555 fortlaufend nummeriert, aber mit den äquivalenten Nummern des alten Verzeichnisses nach Longo beschriftet. An einer Längsseite steht ein Tisch ("Spieltisch") mit einem Computer von dem via Fernbedienung die Sonate, auf deren Feld man gerade steht, abgerufen werden kann. Über Zufallsgenerator (Shuffleplay) wird dann eine der eingespeicherten Versionen der betreffenden Sonate abgespielt. Stehen mehrere Personen auf dem Spielfeld, wird die Nummer der abzuspielenden Sonate nach den Spielregeln des spanische Karten-bzw.Würfelglücksspiels Quince bestimmt, welches zu Scarlattis Zeiten weit verbreitet war. Dabei gilt es, ähnlich dem bekannten 17+4 / Black Jack, den Wert von 15 Punkten zu erreichen. Diejenige Person, deren (Ziffernsumme der) Spielfeldnummer der Zahl 15 am nächsten ist, erhält Zugriff auf den Musikcomputer und kann die gewünschte Sonate abspielen. (Konzept "Spiel Mimo" © s.holzbauer 2007)

Montag, 22. Jänner 2007

K48-50

20 01 2007

K 48 (L 157) in c-moll, Presto.Kirkpatrick vermutet, dass sie für ein zweimanualiges Cembalo geschrieben ist (Kirkpatrick 1972, S.212). Mag sein, jedenfalls ist sie technisch sicher sehr anspruchsvoll. Mir gefällt sie außerordentlich gut und erhält einen Platz unter meinen Lieblingssonaten.


21 01 2007

K 49 (L 301) in C-Dur, Presto. "Here the continuity of the music is inerrupted several times by fermatas between which there are cadenza-like figurations oscillating between major and minor. The device is rhetorical in style and it turns up again only in much later sonatas. Scarlatti´s search for dramatic expression is also evident after the development of the second half, which culminates in a lightning scale over very nearly four octaves.” (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.79). Ich habe mit dieser Sonate etwas Schwierigkeiten. Sie fängt sehr schön mit einem einprägsamen Thema an, doch die Suche nach " dramatic expression” wird zunehmend anstrengend für meine Ohren und nach 5:23 min bin ich doch etwas erschöpft.


22 01 2007

K 50 (L 144) in f-moll, Allegro. Auch fast so lange wie K 49, doch wesentlich erfrischender und interessanter.

Freitag, 19. Jänner 2007

Heilende Musik

19 01 2007

K 47 (L 46) in B-Dur, Presto. Scarlattis Orkan von Tönen hilft meine, durch den Orkans "Kyrill" hervorgerufenen, Panikzustände abzuschwächen. Heilende Musik.

Donnerstag, 18. Jänner 2007

K45,46

17 01 2007

K 45 (L 265) in D-Dur, Allegro, auch eine der "glanzreichen" Sonaten (Kirkpatrick). Augen zu, der Obertonreiche Klang des Cembalos hebt mich aus der Linearität der Zeit heraus und läßt mich in einem Klangraum schweben.


18 01 2007

K 46 (L 25) in E-Dur, Presto. Kirkpatrick bereitet mich auf plötzliche Sprünge von einer Tonart in die andere vor, auf größte thematische Kontrastierung, gegensätzliche Phrasen, rhetorische Pausen, ja eine"plötzliche totenstille Pause, der leere Takt, der durch eine Fermate noch verlängert wird" und rhythmische Einheiten, die sich aus der Organisation der Notenwerte und nicht aus dem Metrum ergeben (Kirkpatrick 1972, S.275, 310, 319f.) Alain de Chambure bewundert Scarlatti in dieser Sonate wie "skillfully he manages to amplify and diminish the sound of an instrument (Cembalo) generally reckoned to be somewhat lacking in dynamic range" (Begleitbuch zu Scarlatti The Sonatas Scott Ross, Erato Disques 1988,S.79). Meine Hörerfahrung sind 5:15 min meines Lebens in einer anderen Welt, in der die erwähnten Pausen willkommene Orientierungspunkte sind um sich nicht endgültig abzutauchen und sich zu verlieren.

Dienstag, 16. Jänner 2007

Johannes Rövenstrunck

15 01 2007

Seit über 40 Tagen höre ich nun schon täglich eine Scarlatti Sonate und habe noch immer keinen Weg, kein Vokabular gefunden zu beschreiben was ich höre. Stattdessen biete ich Informationen darüber, was andere zu der jeweiligen Sonate geschrieben haben. Wie lange das wohl noch so sein wird?

Johannes Rövenstrunck (http://www.jorov.de) hat mir Mp3 Files seiner Gesamteinspielung gemailt. Ich bin begeistert von seiner Musik, man frage mich nicht, warum, oder wie ich seine Interpretation charakterisiere. Mir fiel beim Versuch dies zu tun ein: "er spielt die Sonaten auf dem Klavier, daß sie wie auf einem Cembalo gespielt klingen" und ähnlicher Quatsch.

Soviele verschiedene Interpreten habe ich ja noch nicht gehört: Andjaparidze, Belder, Hatai, Horowitz, Leach, Kirkpatrick, Pletnev, Ross, Tipo, aber er spielt die Sonaten völlig anders und "neu". Wenn ich sein Buch "Die Sonaten Domenico Scarlattis" (Utecht 2004) richtig verstanden habe aber so "authentisch" wie möglich.

Rövenstrunck unterscheidet übrigens bei der Komposition der Sonaten vier Perioden:

"Bis etwa K100 (um genau zu sein, K95) die "italienischen" Sonaten, die trotz aller Genialität und unglaublicher Details noch stark in der Tradition der italienischen Barockmusik verwurzelt sind.
Bis etwa K300 die "spanischen" Sonaten, bei vielen von diesen Sonaten sind Einflüsse der spanischen Volksmusik, insbesondere des Flamenco, evident.
Bis etwa K400 eine Periode im Komponieren Scarlattis, die vom Streben nach größtmöglicher Einfachheit geprägt ist. Auffällig ist, dass die meisten Stücke dieser Periode in Dur stehen. In den anderen Perioden halten sich Dur und Moll in etwa die Waage. In vielen Sonaten dieser Periode tritt auch die Virtuosität etwas in den Hintergrund, obwohl der Virtuose Scarlatti sich nie verleugnet.
Ab K400 der "Spätstil". Alle genannten Elemente erscheinen gleichzeitig und ineinander verflochten, also auch die Virtuosität und sind zu absoluter Musik abstrahiert. K427 und K517 z.B. sind die ersten Konzertetüden, die jemals geschrieben worden sind." (Rövenstrunck 2004,S.7)

K 44 (L 432) in F-Dur, Allegro, liegt mir in der Cembalofassung S.Ross und in der Klaviereinspielung von Eteri Andjaparidze vor. Das Begleitheft bemerkt dazu "...a virtuoso piece employing hand-crossings and batteries of thirds, sixths and fanfare-like octaves." (Naxos 8.553061, S.3) Das fällt bei ihrem Spiel gar nicht besonders auf, E. Andjaparidze spielt das Stück sehr leicht und entspannt. Ross fehlt diese Leichtigkeit, er spielt es ziemlich ernst(haft). Sein Spiel illustriert Kirkpatricks Beschreibung dieser Sonate: sie "...bietet ein äußerst lehrreiches Beispiel für die Art, wie Scarlatti die Satzverdichtung und –verdünnung und den Lagenwechsel benutzt, um das sozusagen Eindimensionale des zweistimmigen Cembalosatzes plastisch wirken zu lassen und durch Licht- und Schattenwirkungen scharfe Konturen zu erzielen." (Kirkpatrick 1972,S.226) Lassen sie sich nicht davon abschrecken...

Montag, 15. Jänner 2007

Giuseppe, Francesco

13 01 2007

K 41 in d-moll, Andante moderato, ist bei Longo nicht verzeichnet. Ein längeres, sehr schönes Stück, eine Fuge. Für Kirkpatrick steht sie "...in der orthodoxen Tradition der italienischen Orgelfuge des 18.Jahrhunderts, wie sie sich in den Sammeldrucken Arestis bis zu den Fugen in Clementis Practical Harmony zeigen, die fälschlich Frescobaldi zugeschrieben werden." (Kirkpatrick 1972,S.182)


14 01 2007

K 42 (L S36) in B-Dur, Minuetto, ein kurzes, sehr anmutiges Minuett, paßt gut zum heutigen Sonntag.


15 01 2007

K 43 (L 40) in g-moll, Allegro asai. Kirkpatrick ordnet sie in die von ihm so bezeichnete "glanzreiche Periode Scarlattis ein. "Die Stücke , die anscheinend unmittelbar auf die Essercizi folgen, sind alles andere als leicht. Es sind Scarlattis virtuose Stücke par excellence. Sie schwelgen in einem vollen, blühenden Klang, auf den bereits die letzteren Sonaten der Essercizi hinweisen, und in der Spielfreude. ... Hier erreicht die Klaviertechnik ihre volle Höhe." (Kirkpatrick 1972,S.182) Scott Ross demonstriert dies in seiner Einspielung eindrucksvoll.

Giuseppe, der 2.Vorname Scarlattis führt(e) immer wieder zu Verwechslungen und Mystifikationen z.B. was Aufenthalte in London betrifft. Sein nächster Bruder, geboren 1689, hieß Giuseppe Nicola. Ein Giuseppe Scarlatti, von dem Kirkpatrick annimmt, dass er ein Onkel Domenicos sei, es aber auch sein Bruder sein könnte, hatte bei der Aufführung Domenicos zweiter Oper Il Giustino am 19.Dezember 1703 "...die Dekorationen entworfen und die technische Leitung der Aufführung übernommen."(Kirkpatrick 1972,S.30) Weiters gab es einen Komponisten namens Giuseppe Scarlatti, der sich selbst als Neffe Domenicos bezeichnet. "Seine frühesten bekannten Kompositonen stammen aus dem Jahr 1739 (...).Von seinen vielen aufgeführten Opern seien erwähnt Merope (Rom 1740) und Arminio in Germania (Florenz 1741), aus denen Arien stammen, die später Domenico zugeschrieben wurden. ... Giuseppes Rückkehr nach Neapel im Jahr 1754 – er führte am 2.Januar 1755 seine Oper Caio Mario im San Carlo auf – ist wahrscheinlich die Quelle der vielen irrtümlichen Berichte über Domenicos Rückkehr dorthin. Giuseppe verbrachte den Rest seines Lebens in Wien, wo er am 17.August 1777 verstarb." (Kirkpatrick 1972, II S.9)

Ein Onkel Scarlattis, der jüngere Bruder seines Vaters, Francesco Scarlatti (1666-1741) lebte tatsächlich in England, und zwar 1719 in London, wo er Händel besuchte und für eine Stelle bei James Brydges, dem Duke of Chandos empfohlen worden war, sie aber nicht annahm, und ab 1724 als "Master of Musick" in Irland, in Dublin, wo er in 2.Ehe mit Jane Scarlatti verheiratet war. 1715 hatte er sich um die Stelle eines Vice-Kapellmeisters am Wiener Hof beworben, war aber trotz Fürsprache von J.Fux abgelehnt worden. (http://en.wikipedia.org/wiki/Francesco_Scarlatti)

Freitag, 12. Jänner 2007

K 39, 40

11 01 2007

K 39 (L 391) in A-Dur, Allegro, ein Stück für Virtuosen – schnelle Läufe, ein Tempo, dass mein Ohr kaum folgen kann. Von den mir vorliegenden Einspielungen gefällt mir die von Maria Tipo am besten, Horowitz spielt seine Virtuosität voll aus, und das ist etwas zuviel des Guten. Kirkpatrick bemerkt dazu: "Diese Sonate könnte gut für ein zweimanualiges Instrument geschrieben sein,..." (Kirkpatrick 1972, S.184)


12 01 2007

K 40 (L 375) in c-moll, Minuetto, wieder ein heiteres, für meine Ohren "einfaches" Stück. Im Begleitbuch zur Ross´schen Gesamteinspielung ist es als: "...delightful minuet in pure Classical style (by use of notes inégales, Scott Ross takes us into the world of Vivaldi´s Four Seasons)” beschrieben. "There are traces of concertante stlye,...there are also dance movements typical of those to be found in keyboard suites at that epoch.” Es sei nichts Spanisches an diesem Stück, und es würden keine großen technischen Anforderungen gestellt. (S.78) Nach Kirkpatrick verrät sich darin "Scarlattis neapolitanische Abkunft im plötzlichen Wechsel zwischen Dur- und Mollterzen und in den chromatischen Alterationen gewisser Intervalle." (Kirkpatrick 1972,S.181)

Mittwoch, 10. Jänner 2007

K 35-38

07 01 2007

K 35 (L 386) in g-moll, Allegro, eine Toccata, die auch von Händel sein könnte (Scott Ross). Kirkpatrick meint "Dieses Stück könnte übrigens leicht jedem beliebigen Komponisten des frühen 18.Jahrhunderts zugeschrieben werden." (Kirkpatrick 1972, S.181). Ja, vielleicht. Für mich ist es einfach schöne Scarlatti Musik.


08 01 2007

K 36 (L 245) in a-moll, Allegro, wie K 35 unspektakulär, aber einfach schöne Musik.


09 01 2007

K 37 (L 406) in c-moll, "ist ein Allegro, das in der 1739 von Thomas Roseingrave veröffentlichten Sammlung herauskam. Diese Kollektion enthält neben den bereits 1738 publizierten dreißig Essercizi zwölf weitere Sonaten und eine Fuge sowie ein Stück von Roseingraves eigener Erfindung. Roseingrave war 1709 vom Dekan und Kapitel der Dubliner St. Patrick’s Cathedral nach Italien geschickt worden. In Italien hatte er Scarlatti kennen gelernt, dem er später nach Rom und Neapel folgte. Seit 1715 lebte er in London, wo er sich für Scarlattis Werke stark machte. Eine unglückliche Herzensaffaire raubte ihm später den Verstand und führte ihn schließlich nach Irland zurück, wo er 1766 starb. Scarlattis Sonate c-Moll ist ein brillantes Werk offenkundig frühen Datums, in dem man den Einfluss von Vivaldi nachgewiesen hat." Keith Anderson


10 01 2007

K 38 (L 478) in F-Dur, Allegro, ein heiteres, perlendes Stück.

Samstag, 6. Jänner 2007

K 34

K 34 (L S.7) in d-moll, Larghetto: eine kurze Sonate im 3/4 Takt, sehr apart, Ross spielt sie mit einigen Brüchen, vielleicht würde es sonst zu lieblich klingen?

Freitag, 5. Jänner 2007

Konzertankündigung

Eine Konzertankündigung für Sonntag 25.02.2007, 17:00 Uhr

Sinfonisches Konzert

* Domenico Scarlatti (1685 - 1757) zum 250. Todesjahr : Drei Cembalo-Sonaten und Orchestersuite für Oboe und Streicher G-Dur

Außerdem zu hören:
* Antonio Vivaldi (1678 - 1741) :
* Trompetendoppelkonzert
* Franz Hoffmeister (1754 - 1812) :
* Adagio und Rondo in d für Viola + Orch.
* Jeremiah Clarke (1674 - 1707) : Suite D-Dur für Trompete und Orchester
* Georg Benda : Konzert F-Dur für Viola + Orch.
* Petronio Franceschini (1651 - 1681) : Trompetendoppelkonzert

Solisten :
Jan Esch, Trompete
Ernst Ruhwedel, Trompete
Andreas Mirschel, Oboe
Dominique Anstett, Viola
Roland Voit, Cembalo

Es spielt:
Das Hagener Kammerorchester
Leitung : Annette Lucas und Roland Voit

Eintritt : 10.- / 7.- €

Ricarda-Huch-Schule / Aula
Voswinckelstr. 1
58095 Hagen

Heute gab´s eine Anfrage bzgl. eines Scarlatti-Projekts bei den Gmundner Festwochen – vielleicht wird´s ja wirklich was...

K 33 (L 424) in D-Dur, Allegro, in der "Celebrated Scarlatti" Einspielung von Horowitz, leichtfüßig, unbeschwert, sie muntert mich nach einer etwas anstrengenden Woche auf. Bei Scott Ross dauert sie um 1 min länger und hat einen für mich ganz anderen Charakter, zwar auch spielerisch, aber doch "ernsthafter".

Donnerstag, 4. Jänner 2007

Scarlatti Jazz Suite

Und noch eine interessante Seite: OMG Music: Domenico Scarlatti. Dedicated to all the albums and songs by Domenico Scarlatti. Sie verspricht: "Here you will find the all of the cds known for Domenico Scarlatti. Some of these albums have been released multiple times, and thus appear to be duplicates. Others are bootlegs, promotional, etc. and are now very hard to find. Look through the list. Do you have them all?" Na ja, ganz so ist es nicht, aber doch eine Menge Hinweise. (http://domenico-scarlatti.omg-music.com/)

Auf YouTube.com gibt´s 143 videos mit Scarlatti Musik u.a.mit Pogorelich, Landowska und Horowitz (http://www.youtube.com/results?search_query=scarlatti).

Sehr interessant, für mich als eingefleischten Jazz-Fan: Donal Fox: Scarlatti Jazz Suite Projec t mit Donal Fox, piano, Stefon Harris, vibraphone, John Lockwood, bass, Terri Lyne Carrington, drums. Regattabar Jazz Club, Juni 2006 ( z.B. http://www.youtube.com/watch?v=74K6rXw-Lho; Donal Fox Website: http://www.leonellismusic.com/ ) "Donal Fox, a remarkable pianist who has positioned himself on the cutting edge of jazz by incorporating classical techniques and melodies. The pinnacle of his achievement is found in his blending of Monk and Bach, in his vivid reimaginings of the Modern Jazz Quartet, and in such dazzling original works as 'Scarlatti Jazz Suite' and 'Italian Concerto Blues.' Donal is one of a small handful of musicians who embody the promise of jazz's future."-- Gary Giddins, jazz journalist and author

K 32 (L 423) in g-moll, Aria, ist ein ruhiges, besinnliches Musikstück, Maria Tipo spielt es sehr meditativ.

Mittwoch, 3. Jänner 2007

The Well-Tempered Synthesizer

03 01 2007

K 31 (L 231) in g-moll, Allegro spricht mich sehr an, melodisch interessant, reich an Klangfarben. Sie ist noch sehr den Sonaten der Essercizi verwandt mit ihren "...repeated phrases, contrasting figurations, leaping apreggios, expanding and diminishing intervals, and octave doublings." (Kirkpatrick 1983, S.155)

Im Net(z) fand ich eine interessante Seite: Scarlatti-Music at Last.fm (http://www.last.fm/music/Scarlatti). Hier gibt´s eine Bio, man kann Sonaten hören, 9,359 plays scrobbled on Last.fm und es gibt ein Ranking der meistgehörten Stücke. Weiters zu finden CD Empfehlungen und Events. Eine Empfehlung ist "The Well-Tempered Synthesizer" von Wendy (Walter) Carlos aus dem Jahr 1969 mit 4 Scarlatti Sonaten (K 455, K 491, K 531 und K 96). Walter Carlos schrieb mit seiner Moog-Synthesizer Lp "Switched-on Bach" 1968 Musikgeschichte, es war das meistverkaufte Klassik Album aller Zeiten.

Dienstag, 2. Jänner 2007

Katzenfuge

01 01 2007

Die erste Sonate im neuem Jahr, im Scarlatti – Jahr (250.Todestag): K 29 (L 461) in D-Dur, Presto gespielt von Pletnov. Kirkpatrick zählt sie zu den "completely symmetrical, closed sonatas". "The closed sonata is one in which both halves begin with the same thematic material. ... The completely symmetrical sonata contains no Excursion; the Restatement, even if not entirely literal, may be said to embrace the entire second half (VI)." (Kirkpatrick 1983,S.266f) Auch hebt er die rhythmischen Besonderheiten hervor. So würde es in die Irre führen, sich strikt ans Metronom zu halten. Darüberhinaus sei "The cantabile phrase from measures 16 to 21... a perfect example of a necessary rhythmic independence between the hands. ... On this combined independence and interaction of voices Scarlatti´s rhythmic polyphony is based." (S.300ff) Dies ist alles perfekt in Pletnovs Einspielung zu hören, der die rhythmische Vielfalt dieser Sonate zu einem beeindruckenden Hörerlebnis werden läßt.


02 01 2007

Die "Katzen-Fuge" ("fuga del gatto"), K 30 (L 499) in g-moll, beschließt nicht nur die Essercizi, sondern auch meinen ersten "Scarlatti-Monat". Sie ist eine von 5 Fugen, die Scarlatti schrieb. Sie soll ihren Namen davon erhalten haben, dass eine Katze über die Klaviatur von Scarlattis Cembalo spaziert wäre und ihn zu der Fuge inspiriert habe. Vorallem Franz Liszt und andere Pianisten sowie verschiedene Verleger wie Muzio Clementi oder Czerny haben dazu beigetragen, dass sich für die Sonate (Fuge) K 30 der Name Katzenfuge (auch in anderen Sprachen) eingebürgert hat. Kirkpatrick merkt dazu an, dass sie seit dem Beginn des 19.Jahrhunderts unter diesem Namen bekannt ist. "Longo traces the feline allusion to Clementi´s Practical Harmony. Another is to be found on the title-page of an edition of the fugue by W.H.Callcot showing four cats variously engaged about a pianoforte. It may be remarked that only a lightfooted and accurate cat, or possibly a kitten, could refrain from involuntary neighboring tones on the flats and sharps of the fugue subject. ... Actually the subject of the Cat Fugue is not designed for melodic contrapuntal treatment; it serves to outline the basic harmonies on which, with various modulations this piece is built... Over these harmonies is laid a magnificent tangle of passing notes, suspensions, syncopations, bizzare intervals, and changes of melodic direction which gives an impression of richness far in excess of the actual contrapunctal content." (Kirkpatrick 1983, S.154)